Dass Licht und Wärme dem Bier schaden und darum dunkle Flaschen viel besser als grüne oder gar weiße sind, erzähle ich gerne in meinen Bier-Tastings. "Kühl und dunkel lagern", steht ja inzwischen auch oft auf den Flaschen und Dosen. Von Sonderangeboten, die tagelang vor dem Getränkemarkt in der prallen Augustsonne stehen, rate ich darum eher ab.
Aber was genau machen Licht und Wärme mit Bier? Der dadurch entstehende Bierfehler, der sogenannte Lichtgeschmack, soll - so die Theorie - an Stinktier erinnern. Für alle, die wissen, wie Stinktier riecht. Verursacht wird der Geschmack durch Methylbutenthiol. Mit dieser chemischen Verbindung lässt sich Bier natürlich auch nachträglich verunreinigen, so lernt man als Biersommelier die Fehlaromen in der Ausbildung kennen.
Im echten Leben ist es dagegen eher schwierig, vergleichbare Biere zu besorgen. Wer weiß schon, wie lange das Bier bei welchen Bedingungen gelagert wurde, bevor es gekauft wird. Selbst wenn man das Bier direkt bei der Brauerei holt, kann man sich nicht sicher sein. Darum habe ich das Experiment mit selbstgebrautem Bier durchgeführt. Das kenne ich seit dem Brautag, habe es selbst abgefüllt und konnte die Flaschen ab Tag 1 so behandelt, wie ich es wollte.
Von meinem sehr hopfenfruchtigen Milkshake Kveik IPA "Urlaub daheim", das ich im September 2021 gebraut habe, habe ich eine Flasche in eine Flasche aus klarem Weißglas abgefüllt. Diese habe ich zunächst für einige Wochen direkt ans Fenster gestellt, sie war also Wärme und direkter Sonne ausgesetzt. Danach wurde sie bei Zimmertemperatur und indirektem Tageslicht gelagert. Das Vergleichsfläschchen, natürlich aus Braunglas, habe ich von Anfang an im dunklen Kühlschrank gelagert.
Gut vier Monate später, für diesen Bierstil schon eine recht lange Zeit, nun die Probe aufs Exempel: Was haben die schlechten Bedingungen mit dem Bier angestellt? Bei gleicher Trinktemperatur habe ich beide Versionen probiert.
Zunächst fällt auf, dass das schlecht gelagerte Bier optisch mehr überzeugen kann: Es ist strahlend gelb und von einer schönen, üppigen und schneeweißen Schaumschicht bedeckt, die sich lange hält. Währenddessen ist das gut gelagerte Bier etwas dunkler, mit leichtem Graustich, und der Schaum verschwindet recht schnell. Ein erster Eindruck, mit dem ich so nicht gerechnet habe.
Beim Geruch zeigt sich dann das Erwartete: Das gepflegte Bier duftet intensiv und frisch, während aus dem misshandelten nur ein schwacher Geruch dringt, dazu eine leichte Note von nassem Karton (was spannend ist, weil das eigentlich ein Fehlaroma ist, das durch Oxidation entsteht, nicht durch Licht).
Auch im Geschmack ist das Bier aus der dunklen Flasche intensiver und irgendwie noch frischer, dem aus der hellen Flasche geht auch hier das extrem fruchtige Aroma ab - und auch etwas die spritzige Leichtigkeit. Vor allem im Nachgeschmack wird deutlich, dass das schlecht gelagerte Bier eine deutlich unangenehmere und deshalb auffälligere Bittere hat.
Insgesamt kann man sagen, dass die schlechte Lagerung das Bier spürbar an Hopfenaromatik und damit Frische gekostet hat. Gut trinkbar war es aber nach wie vor, und ohne direkten Vergleich wäre vermutlich gar nicht viel aufgefallen.
Auch wenn beide Versionen wahrnehmbar verschieden waren, hatte ich doch mit einem deutlicheren Unterschied gerechnet. Ich könnte mir a) vorstellen, dass man den Versuch nicht erst nach vier Monaten, sondern vielleicht schon nach vier Wochen hätte machen sollen. Inzwischen hat sicherlich auch das Hopfenaroma in der dunklen Flasche nachgelassen.
Außerdem denke ich, dass b) das "Urlaub daheim" vielleicht ein zu extremes Bier ist. Mit extrem viel Aromahopfen, der Süße des Milchzuckers, den ebenfalls fruchtigen Aromen der Kveik-Hefe: Eventuell war das zu viel von allem, und so werden die Veränderungen durch Licht und Wärme kaschiert. Sollte ich den Versuch wiederholen, dann wohl mit einem weniger intensiven Bier. Außerdem würde ich mir mehrere Vergleichsflaschen abfüllen, um den Effekt auch im zeitlichen Kontext zu beobachten.
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